Einleitung
Warum Lautsprecher selber bauen, wenn man diese auch fertig kaufen kann, werden sich manche fragen. Der Selbstbau bietet die Möglichkeit, die Lautsprecher auf eigene Bedürfnisse, z. B. etwas Bass-lastiger oder Besonderheiten bei der Aufstellung, abzustimmen. Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Punkt ist, dass man das Design der Lautsprecher entsprechend der eigenen Wünsche festlegen kann. Man kann also bestimmen, ob die Lautsprecher eher schlank oder doch etwas breiter sind oder ob diese in passendem Dekor zur Schrankwand furniert oder mit Folie bezogen werden.
Im folgenden werde ich den prinzipiellen Ablauf beschreiben, wie man einen eigenen Lautsprecher für seine Anforderungen auslegt, aufbaut und testet.
Auslegung
Auswahl der Chassis
Die Auswahl der Chassis ist der wichtigste Schritt bei Selbstbauprojekten, denn damit wird letztendlich der Klang und die Charakteristik bestimmt. Dabei werden die Chassis anhand der Thiele-Small-Parameter (TSP) charakterisiert. Hierbei sind die Gesamtgüte (Qts) für die Gehäusebauform entscheidend. Chassis mit einem Qts von ca. 0,3 eignen sich vor allem für Bassreflexlautsprecher, mit Qts von ca. 0,7 für ein geschlossenes Gehäuse und mit Werten darüber sind eher für offene Gehäuse (Schallwände) geeignet. Für besondere Gehäuseformen, wie Transmisionline und Hornlautsprecher sind komplexere Berechnungen erforderlich, welche sich eher an die erfahrenen Lautsprecherentwickler richten.
Weitere wichtige Parameter sind das Äquivalenzvolumen (Vas), welche das notwendige Resonazvolumen charakterisiert; die untere Resonsanzfrequenz (fs), welche die zu erwartende Grenzfrequenz für den Tiefbass abbildet und die Membranmasse (Mms), welche vor allem bei der Verwendung als Mitteltöner relevant ist. Um auch bei geringen Lautstärken möglichst feine Detailauflösung zu bieten, muss der Parameter Mechanischer Widerstand (Rms) möglichst gering sein.
Mit der falschen Auswahl der Chasis im falschen Gehäuse ist ein ausgewogener Klang unmöglich. Nachfolgend einige Beispiele, wie sich dies auf das Klangbild auswirkt:
- mit einem Qts von 0,3 in einem geschlossenen Gehäuse ist kein Tiefpass zu erzielen
- mit einem Qts von 0,7 in einem Bassreflexgehäuse ergibt sich eine Dröhnstelle die deutlich Lauter ist als der übrige Frequenzgang ist und es ist auch kein Tiefpass zu erwarten
- bei Chassis mit einer großen Membranmasse (Mms) ist in einem 2-Wegesystem treten schon bereits bei Frequenzen knapp oberhalb des Bassbereiches deutliche Lautstärkeeinbusen auf.
Berechnung des Gehäusevolumens und Design des Gehäuses
Nachdem die Chassis ausgewählt wurden, muss hierzu noch ein Gehäuse mit den Öffnungen; z.B. für Bassreflex oder Bandpass; designt werden. Zuerst sollte man mit Hilfe der Chassisdaten und der Software „WinISD Pro alpha“ das Volumen berechnen lassen und die Abstimmung des Bassreflexrohres (bzw. der Öffnungen des Bandpasses) ermitteln. Mit diesen Vorgaben kann man im ersten Schritt eine quaderförmige Box entwerfen, welche das Gehäusevolumen repräsentiert. Dabei ist zu beachten, dass das Gehäusevolumen sich auf das innere Volumen der Box abzüglich der Einbauten (Chassis, Verstärkungsrippen, Frequenzweiche etc.) bezieht.
Diese „Box“ wird jetzt solange angepasst, bis diese den persönlichen Vorstellungen entspricht. Dabei ist in WinISD zu schauen, wie sich das Volumen auf die Abstimmung der Lautsprecher auswirkt. Hier startet ein iterativer Prozess, bei dem man versucht, die Chassisdaten, die Lautsprecherabmessungen, die eigenen Vorlieben und die Gegebenheiten des Hörraumes aufeinander abzustimmen. Da hier die Abmessungen des Lautsprechers permanent verändert werden, ist es notwendig, dass Gehäusevolumen anzupassen und ggf. weitere Anpassungen (Bassreflexrohr, Bandpass etc.) vorzunehmen.
Dabei sollte beachtet werden, dass die Anordnung der Chassis nicht unbedingt symmetrisch erfolgen soll, d.h die Chasis sollten nicht innerhalb eines ganzzahligen Abstandes vom Rand positioniert werden. Beispielsweise sind 5cm, 10cm und 15cm (von links, oben und recht) ungünstig, da diese den Faktor 5 als gemeinsamen Faktor haben. Hier würden sich negative Effekte, welche auf den Abstand 5cm reagieren, sich verdoppeln bzw. verdreifachen. Um dies zu vermeiden, sollten möglich unganzzahlige Vielfache der Abstände gewählt werden, z.B. 7,1cm von links, 6,3cm von oben und 5,95cm von rechts. Diese Richtlinie für die Anordnung der Chassis und der Aufbau der Box selbst, zeigt, dass kugelige bzw. würfelförmige Gehäusedesigns nicht günstig sind, da diese einzelne Frequenzen deutlich verstärken bzw. abschwächen und so das Gesamtklangbild der Lautsprecher beeinflussen.
Ansonsten ist man relativ frei, was die Gehäuseform angeht. Man sollte hier jedoch das aus WinISD berechnete Volumen möglichst genau einhalten. Bei einfachen quaderförmigen Boxen kann man das Volumen noch einfach aus Länge*Breite*Höhe berechnen. Auch für andere Grundformen z.B. Pyramiden sind die Formeln bekannt und einfach zu berechnen. Natürlich kann man hierfür auch CAD-Programme benutzen. Nachdem man die Gehäuseform festgelegt hat, muss man aus diesem Entwurf einen „Schnittmusterbogen“ für die Holzzuschnitte erstellen. Hierfür werden die für die einzelnen Seiten, den Deckel und die Innenausbauten die Abmessungen der benötigten Bretter festgelegt. Auch bei diesem Schritt kann der Einsatz eines CAD-Systems sinnvoll sein, vor allem, wenn es um ungewöhnliche oder komplizierte Designs geht. Für die einfachen Quaderförmigen Boxen ist dies jedoch meist nicht notwendig.
Berechnung der Frequenzweiche
Nachdem die Chassis ausgewählt wurden und das Grunddesign der Box erstellt wurde, muss noch die Frequenzweiche berechnet werden. Dies ist wichtig, da die Frequenzweiche dafür sorgt, dass die Chassis nur die Frequenzen bekommt, für welche die jeweiligen Chassis ausgelegt sind. Dies bedeutet, dass die Hochtöner vor den tiefen Frequenzen geschützt werden, da diese den Lautsprecher dauerhaft zerstören können. Weiterhin wird der Mitteltöner oder das Bass-Chassis nur in einem bestimmten Bereich betrieben in denen die Verzerrungen möglichst gering sind. Über oder unter diesen Frequenzen übernehmen dann der Hochtöner oder der Basslautsprecher die jeweiligen Frequenzen. Der letzte Grund für eine vernünftig ausgelegte Frequenzweiche sind die Korrekturen für die Lautstärken und der Impedanz der einzelnen Chassis.
Für die Berechnung der Frequenzweiche kann man das Programm BoxSim verwenden oder man greift auf verschieden Online-Tool; z.B. bei Lautspechershop.de zurück.
Aufbau und Test
Erstellung des Gehäuses
Als gut geeigneter Gehäusewerkstoff hat sich MDF (Mitteldichte Faserplatte) bewehrt. Dieser Werkstoff wird aus gepressten und verleimten Holzfasern hergestellt. Er ist in vielen Baumärkten in unterschiedlichen Dicken erhältlich und man kann ihn meist direkt vor Ort auf die gewünschten Maße schneiden lassen.
Auch beim Aufbau der Lautsprecherboxen ist dieser gut zu verarbeiten, die Ausschnitte für die Chassis können mit einer Stichsäge erstellt werden und lässt sich mit handelsüblichem Kaltleim verkleben. Um eine stabile und dauerhafte Verklebung sicherzustellen sollte man nicht am Leim sparen und die Klebestelle verpressen, z.B. mit Schraubzwingen oder mit Spanngurten.
Bevor man mit dem Aufbau der Box beginnt, müssen alle Ausschnitte für die Chassis, die Bassreflexöffnungen, die Terminals etc. in die jeweiligen Platten eingebracht werden. Hier sollte möglichst sauber und genau gearbeitet werden, da sich Fehler sehr schlecht korrigieren lassen. Nachdem die Ausschnitte eingebracht wurden, kann man mit dem Verkleben beginnen und die Box nach und nach zusammenbauen. Teilweise kann es sinnvoll sein, eine Seite der Box abnehmbar zu gestalten, um z.B. die Bedämmung der Box zu ändern oder die Frequenzweiche zu tauschen. In diesem Fall sollte diese Seitenwand ca. alle 10cm verschraubt werden.
Testen und Abstimmen der Box
Nachdem das Gehäuse zusammengebaut wurde werden die Chassis und die Frequenzweiche eingebaut und der Lautsprecher kann das erste mal getestet werden. Hierfür benötigt man ein Messmikrofon und einen Messverstärker mit entsprechender Software. Bei der Messung wird der Lautsprecher mit einem vorgegebenem Signal beaufschlagt und das Mikrofon misst, wie der Lautsprecher darauf reagiert. Man erhält als Ergebnis einen Frequenzverlauf der Lautstärke und je nach Software auch ein Wasserfallspektrum.
Der Verlauf sollte möglichst linear über das gesamte Frequenzspektrum sein. Sollten sich hier deutliche Buckel oder Dellen zeigen, muss die Abstimmung des Lautsprechers korrigiert werden. Zuerst ist zu Prüfen, ob alle Chassis polrichtig angeschossen sind. Manchmal reicht es, einzelne Chassis umzupolen um den Frequenzverlauf zu linearisieren.
Sollte dies keine Erfolg bringen, können weitere Optimierungen über die Frequenzweiche und das Bassreflexrohr erfolgen. Als letzte Möglichkeit bleibt dann noch die Dämmung im Inneren der Box zu modifizieren. Dies hat allerdings auch Einfluss auf das Abklingverhalten der Box; d.h. wie schnell die Membranen der Chassis wieder in Ruhe sind. Das Abklingverhalten kann man über das Wasserfallspektrum ermitteln.
Oberflächenbehandlung
Nachdem die Box zusammengebaut und getestet wurde, kann die Oberflächenbehandlung erfolgen. Hierzu gibt es prinzipiell mehrere Möglichkeiten.
Zum einen wäre da das Bekleben mit einer Dekorfolie. Diese Methode bietet den Vorteil, dass man vollkommen frei in der Wahl des Designs ist. Allerdings habe ich keine Erfahrungen, wie das MDF vorbehandelt werden sollte, um ein sicheres Verkleben zu gewährleisten.
Eine zweite Möglichkeit ist das Bekleben mit Echtholzfurnier. Auch hier gibt es eine Vielzahl an Holzdekoren. Zur Vorbehandlung sollte die gesamte Box dünn mit einer Schicht Kaltleim bestrichen werden. Schnittkanten und andere bearbeitete Flächen sollten etwas Dicker eingestrichen werden. Diese Schicht Kaltleim sollte jetzt ca. 1 bis 2 Stunden trocknen, bis diese glasig ist. Jetzt kann man mit dem furnieren beginnen. Hierzu wird die zu furnierende Fläche noch einmal dünn mit einer Schicht Kaltleim versehen und das Furnier aufgelegt. Anschließend bügelt man das Furnier von der Mitte beginnend mit leichtem Druck auf. Das Bügeln erfolgt dabei mit einem normalen Bügeleisen ohne Dampf und mit der Einstellung Baumwolle. Nachdem das Furnier ca. 24 Stunden getrocknet ist, kann man mit dem Bügeleisen noch einmal über die furnierten Flächen gehen und so vorhandene Blasen ausbessern. Als letztes muss das Furnier noch mit Öl oder Lack vor Feuchtigkeit geschützt werden.
Als letzte Möglichkeit ist das Lackieren der Box. Leider ist MDF hier etwas schwierig zu verarbeiten. Da die Schnittkanten und die großen Flächen unterschiedlich stark Feuchtigkeit aufnehmen, müssen alle Flächen und Schnittkanten mit einer Spachtelmasse auf acrylbasis versiegelt und anschließend geschliffen werden.
Auf den folgenden Seiten werden einzelne Lautsprecherprojekte vorgestellt.